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Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Oh, wie peinlich: Hat die Nationalität der anwesenden Personen einen Einfluss darauf, ob wir uns verlegen fühlen?

von Josua Schmeitzky, MSc


Wer ist nicht schon mal ins Fettnäpfchen getreten und hat sich selber oder andere in Verlegenheit gebracht? Verlegenheit tritt häufig in peinlichen Situationen auf, in denen soziale Normen und Grenzen unabsichtlich überschritten werden. Ein Beispiel wäre, völlig unangepasst gekleidet zu einem wichtigen Anlass zu erscheinen. Dabei verspürt der Betroffene ein Gefühl von Unsicherheit und Beschämung, begleitet von Nervosität, Inkompetenz und Minderwertigkeit. Verlegenheit hat jedoch auch positive Auswirkungen auf das Sozialleben, denn das bestrafende Erlebnis führt zu einer verstärkten Tendenz, soziale Normen einzuhalten. Das ist schlussendlich unabdingbar für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft.

Wann fühlen wir uns verlegen? Der Ursprung von Verlegenheit liegt in der Besorgnis darüber, was andere Menschen über uns denken. Die “anderen“, also das Publikum, welches die Normverletzung beobachtet oder von dieser erfährt, sind von zentraler Bedeutung für das Erleben von Verlegenheit. Je grösser das Publikum, desto verlegener fühlen wir uns. Noch schlimmer, wenn uns ein Missgeschick vor Fremden oder flüchtig Bekannten passiert. Bei guten Freunden oder innerhalb der Familie scheinen uns jedoch dieselben Grenzüberschreitungen kaum die Schamesröte ins Gesicht zu treiben.

Neben diesen Faktoren spielt aber auch unsere soziale Identität eine Rolle, die insbesondere von unseren Gruppenzugehörigkeiten (z.B. Geschlecht, Nationalität, Konfession, etc.) bestimmt wird. Da unterschiedliche Gruppen auch mit unterschiedlichen sozialen Normen einhergehen, bilden unsere Bezugsgruppen die Leitlinien dafür, wie man sich korrekt verhält. Demzufolge sollten wir bei Menschen weniger in Verlegenheit geraten, die wir nicht zu einer unserer Bezugsgruppe zählen.

Diese Annahme haben Wissenschaftler von den Universitäten Melbourne und St. Andrews in mehreren Studien überprüft. So wurden Probanden mit hypothetischen Szenarien konfrontiert, in denen es zu peinlichen Zwischenfällen kommt. Dabei wurde jeweils die Nationalität der anwesenden Personen verändert. Die Resultate deuten darauf hin, dass die nationale Zugehörigkeit des Publikums einen Einfluss darauf hat, wie intensiv das Gefühl von Verlegenheit erlebt wird. So fühlten sich beispielsweise Schotten in Gegenwart eines amerikanischen Publikums weniger verlegen als dies bei einem schottischen Publikum der Fall war. In einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass dieser Effekt allerdings nur dann zustande kommt, wenn man sich eng mit seiner Bezugsgruppe verbunden fühlte. Demzufolge hat die Nationalität der Anwesenden nur dann einen Einfluss auf das Erleben von Verlegenheit, wenn sich die betroffene Person eng mit seinen Landsleuten verbunden fühlt.

Diesen Ergebnissen zufolge könnte man also argumentieren, dass Personen mit einem starken nationalen Zugehörigkeitsgefühl im Ausland ein geringeres Mass an Verlegenheit verspüren als in ihrem Heimatland. Wenn nun die bestrafende Wirkung der Verlegenheit im Ausland ausbleibt, führt dies wohl zu einer erhöhten Tendenz schlechtes Benehmen an den Tag zu legen. Des Weiteren wird es unter diesen Umständen unwahrscheinlicher, nach einem offensichtlichen Fauxpas ein angebrachtes Mass von Verlegenheit zu signalisieren (z.B. gesenkter Blick, Erröten, etc.). Da der körperliche Ausdruck von Verlegenheit zu einer erhöhten Bereitschaft anderer dem Betroffenen zu verzeihen führt, wird sich das Gemüt der Gastgeber in diesem Fall wohl kaum beruhigen.



Quelle: Eller, A., Koschate, M., & Gilson, K. M. (2011). The ingroup-outgroup audience effect in faux pas situations. European Journal of Social Psychology, 41, 489–500. doi: 10.1002/ejsp.815

Bitte beachten Sie, dass diese Studie nicht in unserem Labor durchgeführt wurde. Wenn Sie an einer Studie in unserem Labor teilnehmen möchten, finden Sie dazu hier weitere Informationen.

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