Navigation auf uzh.ch

Suche

Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Sind kreative Menschen unehrlicher?

von Dr. Michaela Knecht


Kreativität wird generell als eine positive Eigenschaft angesehen. Unter kreativen Ideen versteht man neue und nützliche Lösungen. Kreativität gilt als eine, für die Individuen wie auch die Gesellschaft, wichtige Fähigkeit und spielt für die Entwicklung der Menschheit eine wichtige Rolle. Dies deshalb, weil kreatives Denken effektives und flexibles Lösen von Problemen erlaubt. So erstaunt es nicht, dass sich auch die Forschung mit der Kreativität beschäftigt hat. Die kognitiven und motivationalen Prozesse, die mit Kreativität in Zusammenhang stehen, wurden eingehend untersucht. Zudem wurde analysiert, unter welchen äusseren Bedingungen Kreativität überhaupt entsteht. Nicht zuletzt wurden Mittel und Wege gesucht, wie Kreativität gefördert werden kann.

Doch ist Kreativität immer nur positiv? Gibt es auch versteckte Kosten kreativen Denkens und Handelns?

Die amerikanischen Forscher Francesco Gino und Dan Ariely haben in mehreren Studien den Zusammenhang von Kreativität und Unehrlichkeit untersucht. Sie haben, wie sie es selbst bezeichnen, die „Dunkle Seite der Kreativität“ betrachtet.

In mehreren Studien konnten die Forscher zeigen, dass Menschen mit kreativer Persönlichkeit eine höhere Tendenz hatten zu täuschen als weniger kreative Leute. So haben sie in einer Studie gefunden, dass Personen in kreativen Berufen im Vergleich zu Personen in wenig kreativen Berufen selber von sich behaupten unehrlicher zu sein.

In einer anderen Studie konnten sie zeigen, dass Personen die kreativer waren, in einem Laborexperiment häufiger unehrlich gehandelt haben als weniger kreative Personen. Einen Zusammenhang mit Intelligenz bestand jedoch nicht - weder mit Kreativität noch mit unehrlichem Handeln.

In einer weiteren Studie versuchten sie die Teilnehmenden dafür zu sensibilisieren kreativ zu denken. Diese Teilnehmenden waren im Anschluss eher bereit in einer Aufgabe zu mogeln als die Kontrollgruppe, die nicht sensibilisiert worden sind. Dieser Unterschied zwischen den beiden Gruppen erklären die Autoren dadurch, dass die Personen, die zu kreativem Denken sensibilisiert worden sind, besser darin waren, ihr unehrliches Verhalten zu rechtfertigen (was ja auch wieder eine Form von Kreativität sein kann).

In einem weiteren Experiment konnten die Forscher zeigen, dass die Veranlagung zur Kreativität den Zusammenhang zwischen der Sensibilisierung zu kreativem Denken und unehrlichem Verhalten moderiert. Das bedeutet in diesem Fall: Nur bei den Personen, die nicht schon von Natur aus kreativ denken, hat die Sensibilisierung einen Einfluss auf unehrliches Verhalten.

Die zugrundeliegende Erklärung für den Zusammenhang zwischen Kreativität und Unehrlichkeit sehen die Autoren in der Tatsache, dass Menschen generell darauf bedacht sind ein gutes Bild von sich selbst aufrechtzuerhalten. Niemand denkt gerne von sich, dass er ein schlechter Mensch sei. Gleichzeitig versuchen Menschen aber auch ihre persönlichen Interessen zu maximieren. Dabei kann es zu Handlungen kommen, die als moralisch schlecht empfunden werden. Um dann von sich selbst nichts Schlechtes denken zu müssen und somit den Selbstwert zu schützen, wird nach einer Rechtfertigung dafür gesucht. Die Autoren vermuten, dass ein höheres Mass an Kreativität diese selbstwertschützenden Rechtfertigungen unterstützt.

Kreativität ist also nicht per se gut oder schlecht. Kreative Lösungen und Handlungen sind immer wieder gesucht. Um die eigenen Interessen zu maximieren, führen wir manchmal auch unehrliche Handlungen aus. Die beschriebenen Studien zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Kreativität und unehrlichem Verhalten gibt. Die Forscher vermuten, dass dies mit der Fähigkeit zur Rechtfertigung dieser Handlungen zusammen hängt. Um diese Vermutung zu überprüfen, müssten jedoch weitere Studien durchgeführt werden.



Quelle: Gino, F. & Ariel, D. (2012). The Dark Side of Creativity: Original Thinkers Can Be more Dishonest. Journal of Personality and Social Psychology, 102(3), 445-459.

Bitte beachten Sie, dass diese Studie nicht in unserem Labor durchgeführt wurde. Wenn Sie an einer Studie in unserem Labor teilnehmen möchten, finden Sie dazu hier weitere Informationen.

Weiterführende Informationen

Title

Teaser text