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Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Geruch des/r Partners/in

von Victoria Schüttengruber

Aus unserem Alltag wissen wir, dass das Riechen des Geruchs einer anderen Person verschiedene Emotionen (z.B. Angst, Wohlbefinden) auslösen und physiologische Prozesse (z.B. Herzfrequenz, Schweissproduktion) verändern kann. Dies ist bereits bei Neugeborenen nachweisbar, die beispielsweise ihren Kopf in Richtung des Geruchs der Mutter wenden und durch den Geruch beruhigt werden. Im Erwachsenenalter ist die primäre Bezugsperson häufig der/die Partner/in. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass sich nicht nur Partnerschaften an sich, sondern auch «Hinweise» auf den/die Partner/in (z.B. Riechen des/r Partners/in) positiv auf die Gesundheit auswirken. So kann bereits das Sehen eines Fotos des/r Partners/in ausreichend sein, um Schmerzen zu verringern. Das Riechen des Geruchs des/r Partners/in kann Stress reduzieren und das Gefühl emotionaler Sicherheit erhöhen. Folglich könnte der jeweilige Geruch möglicherweise auch den Schlaf beeinflussen, zumal viele Menschen mit einem von dem/der Partner/in zuvor getragenem Kleidungsstück schlafen, wenn diese/r abwesend ist. Basierend auf diesen Befunden und Überlegungen stellten sich Forscher/innen der University of British Columbia folgende Frage: Welchen Einfluss haben olfaktorische (d.h. den Geruchssinn betreffende) Hinweise des/r Partners/in auf den Schlaf? Die Annahme war, dass bereits alleine das Riechen des Geruchs des/r Partners/in an einem Kleidungsstück den Schlaf verbessern könnte. Um dies zu untersuchen, baten die Forscher/innen 155 Teilnehmende zwei Nächte mit einem T-Shirt des/r Partners/in (d.h. ein T-Shirt, das der/die Partner/in zuvor trug) und zwei Nächte mit einem «Kontroll T-Shirt» (d.h. ein T-Shirt, das niemand oder eine fremde Person zuvor trug) zu schlafen. Das Vorgehen war folgendermassen: Die Partner/innen der Teilnehmenden trugen ein weisses T-Shirt über einen Zeitraum von 24 Stunden und verzichteten währenddessen auf parfümierte Körperprodukte sowie geruchsbildende Aktivitäten (z.B. Sport, Alkoholkonsum, Rauchen). Danach gaben sie das getragene T-Shirt an die Forscher/innen zurück. Die Teilnehmenden erhielten im Schlaflabor zwei identisch aussehende T-Shirts, das T-Shirt des/r Partners/in und das «Kontroll T-Shirt» (d.h. ein T-Shirt, das niemand oder eine fremde Person zuvor trug). Die Teilnehmenden wussten nicht, welches der zwei T-Shirts zuvor von ihrem/r Partner/in getragen wurde. An den darauffolgenden vier Nächten schliefen die Teilnehmenden alleine und legten jeweils ein T-Shirt auf ihr Kissen. Die Forscher/innen interessierten sich für die Schlafeffizienz und die wahrgenommene Schlafqualität während dieser Nächte. Um die Schlafeffizienz zu erfassen, trugen die Teilnehmenden am Handgelenk einen Aktigraphen, der die Schlaf-Wach-Phasen aufzeichnet. Die Schlafeffizienz ist der Zeitanteil, währenddessen die Teilnehmenden schliefen, gemessen an der Zeitdauer, die die Teilnehmenden insgesamt im Bett verbrachten. Um die Schlafqualität zu erfassen, beantworteten die Teilnehmenden am Morgen einige Fragen zu ihrer Schlafqualität in der vergangenen Nacht (z.B. Wie ausgeruht fühlen Sie sich?). Insgesamt belegten die Ergebnisse die Annahme, dass sich das Riechen des Geruchs des/r Partners/in positiv auf den Schlaf auswirkt. Im Durchschnitt schliefen die Teilnehmenden pro Nacht neun Minuten länger, wenn sie das T-Shirt des/r Partners/in auf dem Kissen hatten. Pro Woche würde dies etwa einer Stunde mehr Schlaf entsprechen, ohne dabei mehr Zeit im Bett zu verbringen. Zudem erhöhte das Riechen des Geruchs des/r Partners/in die Schlafeffizienz um etwa 2.1%, was in etwa dem schlaffördernden Effekt des Hormons Melatonin entspricht. Interessant ist, dass der Geruch des/r Partners/in die Schlafeffizienz unabhängig davon erhöhte, ob die Teilnehmenden vermuteten, den Geruch des/r Partners/in während des Schlafens gerochen zu haben oder nicht. Hingegen verbesserte sich die selbst wahrgenommene Schlafqualität nur dann, wenn auch die Teilnehmenden glaubten, den Geruch des/r Partners/in tatsächlich gerochen zu haben. Welches Fazit können wir aus dieser Studie ziehen? Die Ergebnisse verweisen auf eine von vielen Möglichkeiten, um den eigenen Schlaf zu verbessern. Wenn die geliebte Person gerade abwesend ist, lässt uns alleine schon das Riechen des Geruchs des/r Partner/in in der Nacht besser schlafen – ein wichtiger und interessanter Befund in Anbetracht dessen, dass sich schlechter Schlaf negativ auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden auswirkt.

Literatur

Hofer, M. K., & Chen, F. S. (2020). The scent of a good night’s sleep: Olfactory cues of a romantic partner improve sleep efficiency. Psychological Science, 31(4), 449–459.

Bitte beachten Sie, dass diese Studie nicht in unserem Labor durchgeführt wurde. Wenn Sie an einer Studie in unserem Labor teilnehmen möchten, finden Sie dazu hier weitere Informationen.
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