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Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Erinnerungslos durch die Nacht

von Jasmin Brummer

Manchmal lassen sie uns schweissgebadet, manchmal nostalgisch, manchmal… erinnerungslos: Träume können fast jede Form annehmen, doch häufig haben wir keine Erinnerung, ob wir überhaupt geträumt haben oder nicht. Keine Erinnerung an Träume zu haben ist aber keinesfalls ein Zeichen, dass wir nicht geträumt haben. 
Grund dafür ist die “Traum Amnesie”. Die Traum Amnesie ist ein normaler Teil des Schlafs, der dafür sorgt, dass das im Traum erlebte nicht unnötig mit tatsächlichen Ereignissen interferiert. Denn wenn wir schlafen sind die Bahnen, die Information zum Hippocampus (dem Gedächtniszentrum) übermitteln vergleichsweise inaktiv. In der Regel können wir uns daher maximal an etwa 1 bis 2 Minuten Traumsequenz erinnern (pro Nacht träumen wir aber bis zu 4 Stunden ! ; Simor et al, 2022). 
Träume wissenschaftlich zu erforschen ist keine ganz leichte Aufgabe: Forscher können sich nicht nur an den subjektiven Berichten orientieren, denn Erinnerungen können schlicht falsch oder unvollständig sein. Ausserdem gibt eine Erinnerung an einen Traum wenig Aufschluss darüber, an welchem Zeitpunkt des Schlafs ein Traum aufgetreten ist. 
Schlafforscher nehmen daher häufig die EEG (Elektroencephalogramm) Technik zu Hilfe. EEG misst die elektrischen Felder des Hirns. Die elektrischen Felder entstehen, wenn viele Neuronen innerhalb einer Hirnregion zur gleichen Zeit aktiv sind und dienen dazu, neuronale Aktivität über unterschiedliche Hirnareale zu synchronisieren. 
Im wachen Zustand sind die Schwingungen überwiegend hochfrequent (z.B. alpha, 8-12 Hz und beta 12.5 bis 30Hz).
Auch im Schlaf ist unsere Hirn aktiv und neuronale Aktivität wird durch Schwingungen synchronisiert. Allerdings ist in unseren Tiefschlafphasen die Frequenz dieser Schwingungen deutlich langsamer, mit etwa 0.5 bis 4 Hz (delta Frequenz). Während des REM (rapid eye movement) Schlafs hingegen ähneln die Schwingungen eher dem Wachzustand weswegen man lange fälschlicherweise davon ausgegangen ist, dass wir nur während der REM Phasen träumen. 
Warum können sich manche Menschen aber scheinbar häufiger an ihre Träume erinnern als andere?
In einer Übersichtsarbeit hat sich ein Forschungsteam an der Sapienza Universität Rom genauer mit dem Phänomen der Traumerinnerung beschäftigt. Sie wollten dabei genauer untersuchen, ob Traumerinnerung ein ‘Trait-like’ Phänomen ist - also bestimmte Menschen sich allgemein häufiger an Träume erinnern - oder ein ‘state-like’ Phänomen, also man sich in bestimmten Lebensphasen oder unter bestimmten Umständen besser erinnert (Scarpelli et al, 2015). Dabei stellten sie fest, dass bei Studienteilnehmern, die sich anschliessend gut an Träume erinnern konnten die EEG-Aktivität kurz vor dem Erwachen besonders häufig theta-Frequenzen in frontalen Regionen des Hirns gemessen wurden. Die Theta-Frequenz liegt zwischen der langsamen delta und der alpha Frequenz und spielt interessanterweise auch im wachen Zustand beim Erinnern eine wichtige, wenn auch bisher nicht vollständig geklärte Rolle (Herweg et al, 2020). Möglicherweise führt diese erhöhte Aktivität vor dem Erwachen aber dazu, dass mehr Trauminformation ins Gedächtnis gelangt. 

Träume werden sicher noch für lange Zeit ein Rätsel der Wissenschaft bleiben. 
Wenn Sie aber morgen Früh ohne Erinnerung an einen Traum erwachen, so wissen Sie nun, dass das Vergessen ein Teil davon war. 

Literatur

Herweg, N.A., Solomon, E.A., & Kahana, M.J. (2020). Theta Oscillations in Human Memory. Trends in Cognitive Sciences, 24(3), 208-227. https://doi.org/10.1016/j.tics.2019.12.006.

 

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