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Psychologisches Institut Angewandte Sozial- und Gesundheitspsychologie

Communicating uncertainty within mono- and multimorbidity

Projektbeschreibung

Es ist das Ziel, eine gemeinsame Sprache zwischen den Ärzten (meist Assistenzarzt/-ärztin und Oberarzt/-ärztin) bezüglich der Diagnosestellung von mono- und multimorbiden Fällen zu finden. Hierfür wird das Konzept der Urteilssicherheit (Konfidenz) beigezogen, welches die subjektive Wahrscheinlichkeitsangabe bezüglich einer bestimmten Verdachtsdiagnose beinhaltet. Diese Urteilssicherheit kann im Verlauf des diagnostischen Prozesses aufgrund der unterschiedlichen Informationslage variieren (meist zu- oder abnehmen). Mittlerweile stehen Instrumente bereit, die den Konfidenzverlauf (Process Decision Matrix) und die Konfidenz bei mehreren Verdachtsdiagnosen (Konfidenzprofil) abbilden können. Ärztinnen und Ärzte sollen lernen, ihre Unsicherheit bezüglich einer genauen Diagnosestellung (vor allem bei multimorbid erkrankten Personen) in einer Zahl (Wahrscheinlichkeitsangabe) auszudrücken. Gerade das Konfidenzprofil bietet die Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeitseinschätzungen zu einem bestimmten Zeitpunkt über mehrere Verdachtsdiagnosen zu erfassen.

Zudem soll in Anlehnung an Stolper et al. (2013) ein Fragebogen entwickelt und validiert werden, welcher die Sensibilität für Multimorbidität zuverlässig erfassen kann. Die Akkuratheit einer Diagnose kann mit d‘ (einem Mass aus der Signal-Entdeckungstheorie) abgebildet werden. In einer ersten Studie soll die Validierung anhand vorgetesteter Videofälle vorgenommen werden, in einer zweiten Studie dann bei der Diagnosestellung bei echten Fällen im Klinikalltag angewendet werden.

Kommunikation über Urteilssicherheit

Eine Urteilssicherheit (Konfidenz) von 60% kann unter Umständen (bestimmter Patient mit einem bestimmten Kontext) bei einer bestimmten Informationslage genügend hoch sein (also okay). Indem sich beispielsweise der Assistenzarzt mit dem Oberarzt über diese Zahl austauschen, können folgende Aspekte angesprochen werden:

O Wie hoch ist die Übereinstimmung der Einschätzung des Assistenz- und des Oberarztes?

O Weshalb stimmt diese Einschätzung nicht überein?, welche Faktoren (Einschätzung der Informationslage, Wissensstand) führen zur Diskrepanz?

O Mit welchen weiteren Massnahmen (Informationen, Tests) kann die aktuelle Konfidenz erhöht, ein Befund gesichert oder ggf. eine Verdachtsdiagnose ausgeschlossen werden.

O Wie viel Urteilssicherheit kann in diesem aktuellen Fall überhaupt maximal erreicht werden (U.u. kommen beide zur Erkenntnis, dass maximal 80% Urteilssicherheit erreicht werden können).

O Können weitere prototypische Fälle (aus Praxis oder Theorie) kreiert werden, die als medizinische Lernfälle in der Aus- und Weiterbildung dienen können?

O Zeichnet sich Multimorbidität tatsächlich in einer reduzierten Urteilssicherheit aus?

Somit lernen die Ärzte, mit ihrem hohen Anspruch an Urteilssicherheit und der aktuellen Konfidenzlage umzugehen und eine gewisse Unsicherheit auszuhalten. Indem eine Konfidenzeinschätzung (Wahrscheinlichkeitsangabe) formuliert und ausgesprochen wird, kann darüber eine interaktive Kommunikation stattfinden. Die Kommunikation über die Höhe der Urteilssicherheit soll in spezifischen Trainingssettings implementiert und kontinuierlich verbessert werden.

Wir versprechen uns durch dieses Kooperationsprojekt nicht nur mehr über den Diagnoseprozess von Ärztinnen und Ärzten bei Mono- und Multimorbidität zu erfahren, sondern auch deren Kommunikation über die Unsicherheiten in der Diagnosestellung zu ermöglichen und zu verbessern.

Design und Datenerhebung

Rekrutierung der Probanden (noch im Detail zu besprechen)

Beginn Datenerhebung Anfang April 2014, fortlaufend

Mitarbeitende

Dr. phil. Daniel Hausmann (Leitung), BSc. Nadine Wattinger und BSc. Céline Huber (Masterstudentinnen)

Kooperationspartner

PD Dr. Lukas Zimmerli und Dr. Barbara Holzer (UniversitätsSpital Zürich, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin)

Projektdauer

2014-2016

Studie 1: Validierung eines Fragebogens zur Sensibilität von Multimorbidität anhand von acht Videofällen (Masterarbeit Nadine Wattinger): Datenerhebung ab April 2014

Studie 2: Sensibilität von Multimorbidtität bei realen medizinischen Fällen (Masterarbeit n.n.): Datenerhebung ab Januar 2015

Studie 3: Decision Threshold in der Medizin. Eine Frage der Höhe der Konfidenz?(Masterarbeit Céline Huber); Datenerhebung ab Januar 2015

Förderung

Eigene Mittel

Referenzartikel zu diesem Projekt

Stolper, C. F., Van de Wiel, M. W., De Vet, H., Rutten, A. L., Van Royen, P., Van Bokhoven, M. A., Van der Weijden, T., & Dinant, G. J. (2013). Family physician's diagnostic gut feelings are measurable: construct validation of a questionnaire. BMC Family Practice, 14 (1), 1-9.

Stolper, E., Van de Wiel, M., Van Royen, P., Van Bokhoven, M., Van der Weijden, T., & Dinant, G. J. (2010). Gut feelings as a third track in general practicioners' diagnostic reasoning. J Gen Intern Med, 26 (2), 197-203.

Hausmann, D., & Läge, D. (2008). Sequential evidence accumulation in decision making: The individual desired level of confidence can explain the extent of information search. Judgment and Decision Making, 3, 229-243.

Weitere Publikationen des Projekts laufend

Weiterführende Informationen

Angewandte Sozial- und Gesundheitspsychologie